Gewaltfreie Kommunikation: Sei nicht „nett“ – sei echt!
Viele Menschen stoßen sich an dem Begriff „Gewaltfreie Kommunikation“. Denn „gewaltfrei“ klingt so nach „nett sein“. Aber für mich persönlich ging es nie darum, netter zu sein – im Gegenteil.
Ich war meistens zu nett und habe selten gesagt, was ich eigentlich wollte. Durch die Gewaltfreie Kommunikation (GfK) habe ich gelernt, authentisch meine Bedürfnisse auszudrücken – klar und ehrlich.
Dazu musste ich mich erstmal selbst besser kennenlernen – oft habe ich mich gar nicht gefragt, was ich gerade wirklich möchte. GfK ist ein Ansatz, der uns lehrt, unsere wahren Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und auszudrücken, ohne andere dabei anzugreifen oder zu verurteilen. Das kann auch mal unbequem für mein Gegenüber sein sein – etwa, wenn sich unsere Wünsche widersprechen. Der Unterschied: In solchen Fällen versuche ich eine Lösung zu finden, mit der wir beide zufrieden sind.
Wie sich Bedürfnisse und Strategien unterscheiden lassen
Ein Beispiel macht es deutlicher: Ich möchte auf eine Party gehen. Mein Partner macht es sich lieber zuhause gemütlich. Oft neigen wir dann dazu, dass eine Person zurücksteckt und sich der anderen anpasst: Mein Partner geht grummelnd auf die Party, ich bleibe genervt zuhause, …
Im Sinne der GfK würden wir hier erstmal schauen, was für Bedürfnisse die jeweiligen Parteien habe: Ich brauche Gemeinschaft und Spaß – mein Partner Erholung und Ruhe. Wie können wir beide Bedürfnisse erfüllen? Indem ich mit einer Freundin gehe, und er sich auf das Soja kuschelt. Indem wir erst einen Film schauen und dann gemeinsam gehen. Indem wir gemeinsam in ein ruhiges Café gehen und dann einen Spieleabend machen.
Die Bedürfnisse können sich auch im Gesprächsverlauf ändern – etwa weil ich merke, wie wichtig es meinem Partner gerade ist, Zeit mit mir zu verbringen. Wichtig ist, dass wir uns von den starren Strategien (Party vs. Zuhause bleiben) lösen und uns auf die zugrunde liegenden Bedürfnisse konzentrieren. Dann fallen uns die Lösungen zu.
Bedürfnisse im Alltagsgebrauch
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden Bedürfnisse oft anders verstanden als in der GfK und klingen manchmal negativ. Wörter wie „bedürfen“, „brauchen“ oder „benötigen“ werden nicht nur für universelle, also angeborene und lebenswichtige Bedürfnisse verwendet, sondern auch für das, was in der GfK als Strategien bezeichnet wird. Wenn wir im Alltag sagen, dass wir etwas „brauchen“ oder „benötigen“, kann das alles sein – von Nahrung und Nähe bis hin zu einem neuen Auto oder einem höheren Gehalt.
Universelle Bedürfnisse im Sinne der GfK
„Wenn wir von Bedürfnissen sprechen, beziehen wir uns auf die angeborenen Triebkräfte, die uns so handeln lassen, dass wir das Leben schützen und dafür sorgen, dass es sich weiter entfaltet. Diese Bedürfnisse sind universell, das heißt, sie sind allen Menschen gemeinsam – egal wo auf der Welt oder in welcher Kultur man lebt.“
– Liv Larsson
Jeder Mensch teilt diese universellen Bedürfnisse. Wir alle brauchen Verständnis, Zugehörigkeit, Respekt, Selbstbestimmung oder Vertrauen. Doch die Strategien, um sie zu erfüllen, unterscheiden sich. Konflikte entstehen oft, weil unterschiedliche Strategien aufeinandertreffen, nicht weil die Bedürfnisse an sich unvereinbar wären. GfK unterstützt uns dabei, kreative neue Lösungen zu finden, indem wir uns auf den wahren Kern konzentrieren.
„Alle Menschen haben die selben Bedürfnisse – nur die Bitten sind unterschiedlich.
– Marshall B. Rosenberg
GfK: Ein Weg zu echten Verbindungen
Durch die GfK habe ich gelernt, sowohl meine eigenen Bedürfnisse klarer zu sehen als auch die Bedürfnisse anderer besser zu verstehen. Das ermöglicht es, Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten stimmig sind – oft auf eine unerwartet einfache Weise.
Es geht darum, ehrlich zu sich selbst und anderen zu sein und auf dieser Basis Verbindung und Verständigung zu schaffen. Dieser Weg ist nicht immer der leichteste, aber er führt zu tieferem Vertrauen und wahrhaftigen Verbindungen, die uns auf einer tiefen Ebene berühren und unser Leben bereichern.